Der Arbeiterverein, sein karitatives Engagement
und das Chlauseslä
Von Erwin Häusler
Karitativ aktiv zu sein war immer ein Eckpfeiler im Programm der Arbeitervereine. Die Mittel dazu besorgten sie sich durch eigene Arbeit, durch den Mitgliederbeitrag oder durch Aktionen. Der Mitgliederbeitrag reichte in der Regel für den Unterhalt der ordentlichen Vereinstätigkeit. Zu viel mehr reichte er nicht. So war es üblich, dass man an den Monatsversammlungen, an denen jeweils 30 bis 40 Mitglieder teilnahmen, eine Opferbüchse für freiwillige Gaben aufstellte. Viel kam auch da nicht zusammen, es waren ja schliesslich auch nur Arbeiter mit entsprechend niedriger Entlöhnung.
Ein gemeinsames Dauerprojekt aller Arbeitervereine des Kantons Zug war die Brücke der Bruderhilfe für die Dritte Welt. Die Sammelerträge wurden für Trinkwasserbrunnen verwendet.
Alle Projekte, für die gesammelt wurde, sei es ein kantonales oder ein vereinseigenes, benötigten immer viel Geld. So suchte man auch im Arbeiterverein Unterägeri nach Mitteln und Wegen, um mehr Geld zusammenbringen zu können. Die im Dorf gelebten Bräuche wie der Ägerimärcht und das Chlauseslä boten gute Möglichkeiten dazu.
Ein gemeinsames Dauerprojekt aller Arbeitervereine des Kantons Zug war die Brücke der Bruderhilfe für die Dritte Welt. Die Sammelerträge wurden für Trinkwasserbrunnen verwendet.
Alle Projekte, für die gesammelt wurde, sei es ein kantonales oder ein vereinseigenes, benötigten immer viel Geld. So suchte man auch im Arbeiterverein Unterägeri nach Mitteln und Wegen, um mehr Geld zusammenbringen zu können. Die im Dorf gelebten Bräuche wie der Ägerimärcht und das Chlauseslä boten gute Möglichkeiten dazu.
Ägerimärcht
Über viele Jahre unterhielt der Arbeiterverein am Ägerimärcht bis zu vier Stände. Gegen im allgemeinen niedrige Einsätze konnten die Märchtbesucher kleine Preise gewinnen. So beim Meerschweinchen, wenn sich das in der Mitte eines aus kleinen Häuschen gebildeten Kreises jeweils losgelassene Meerschweinchen "Flurini" in jenes Häuschen schlüpfte, auf das man mit seinem Beitrag gesetzt hatte. Flurini musste dann nicht mehr antreten, nachdem Tierschützer gegen das Spiel Einspruch erhoben hatten. Beim Ballwerfen entschied die Anzahl der Büchsen, die beim Werfen auf eine Pyramide aus Büchsen herunterfielen. Beim Werfen eines Wurfpfeils auf eine Scheibe entschied die erreichte Punktezahl, die umso höher war, je näher der Pfeil in die Mitte traf. Recht ergiebig für die Kasse erwies sich der Cervelats- und Bratwurststand, der die Zeit am längsten überdauerte. Grillwürste sind bei jedem Wetter gefragt, und jene am Ägerimärcht sind die besten. So behaupten es wenigstens die Märchtbesucher.Chlauseslä
Bisher waren es lose Gruppen, die in Unterägeri den Chlauseslä-Brauch weitertrugen. Die erheischten Gaben (vermutlich vor allem Geld) teilten sie unter sich auf. Dass früher die Gaben gezielt für soziale Zwecke eingesetzt wurden, darüber ist nicht Geschriebenes und Überliefertes bekannt.
Mit der Absicht mehr Geld für soziale Projekte zusammenbringen zu können, beschloss 1957 der Vorstand des Arbeitervereins unter dem Präsidium von Adalbert Styger-Bütler eine Chlauseselrottä zu schaffen. Die Vereinsmitglieder Erich Wootli und Karl Gabriel übernahmen deren Führung. Ihnen schlossen sich noch drei Kollegen von Karl Gabriel an, die aber nicht Mitglieder des Arbeitervereins waren: Hans Iten-Roth, Bonaventura Roth und Meinrad Schuler. Diese Gruppe stellte ihren Chlauseslä-Erlös, der im Entstehen begriffenen Familienhilfe von Unterägeri zur Verfügung, deren Präsident damals Josef Häusler-Iten, Tubepaulis Seff, war.
Diese Gruppe war ungefähr bis 1967 aktiv und löste sich dann auf. Diese Phase war ein weiterer Schritte zur Wiederbelebung und vor allem eine Aufwertung des alten Brauchs
Eine erneute und bis heute nachhaltigere Belebung erlebte der Brauch, als der Arbeiterverein 1960 zur Mittelbeschaffung zugunsten der Brücke der Bruderhilfe neben der oben erwähnten Gruppe eine eigene, ausschliesslich aus Mitgliedern des Arbeitervereins bestehende Rottä auf die Beine stellte. So gab es seit 1960 während ungefähr sieben Jahren die Familienhilfe-Rottä und die Arbeiterverein-Rottä, beide mit sozialem Engagement. Bei einem Wirtschaftsgespräch meinte Bonaventura Roth von der Familienhilf-Rottä einmal zu jenen des Arbeitervereins: "Eure Rottä wird höchstens zwei Jahre leben, ihr seid keine Ägerer und kennt den Brauch nicht." Wie man sich täuschen kann. Bucher Alfred und Styger Adalbert sind noch heute - nahezu seit fünfzig Jahren -, für die Chlauseselrottä des ehemaligen Arbeitervereins tätig. Bucher Alfred war seit Beginn während 22 Jahren mit der Rottä als St. Nikolaus unterwegs.
Der Anfang war schwer
Während den ersten ca. 20 Jahren war am Abend des 5. Dezember jeweils vom Arbeiterverein nur eine Rottä unterwegs. Die ersten Geislächlepfer kamen aus dem Sattel. Die Triichlä entlehnte man ebenfalls im Schwyzerbiet. Da bereits von allem Anfang an der grössere Teil des gesammelten Geldes an wohltätige Institutionen ging, blieb nicht mehr allzu viel Geld für die Ausrüstung der Rottä übrig. Jahr für Jahr äufnete man mit bescheidenen Beiträgen eine kleine Reserve, die für die sukzessive Ausrüstung der Rottä bestimmt war. Daraus bezahlte man das, was man nicht selber machen konnte. Man brauchte dieses fast ausschliesslich für das Anschaffen von Triichlä und Jochs. Was man selber machen konnte, das waren Bekleidungsstücke. Der Bedarf nahm mit dem Anwachsen der Anzahl der Rottä zu. Es wurden Leintücher gesammelt, aus denen Frauen von Vereinsmitgliedern Hirtenhemde machten. Zu den Schneiderinnen zählten Maria Bucher-Jaghalski, Anna Stieger-Bütler, Christine Häusler-Wagner und Marie Therese Portmann. Den Start erleichterte Elise Iten (s'Glööris Lisi), indem sie ein Chlausgewand anfertigte und dieses dem Arbeiterverein schenkte. Später gab sie ein zweites Chlausgewand dazu. Sie führte in der Schützenmatt ein Textlil- und Wollelädeli (heute Alte Landstrasse 121). Was schmutzig war, wurde im Allgemeinen bei Adalbert Styger-Bütler gewaschen. Für die Reinigung und Instandhaltung der Chlaus- und Schmutzligewänder war Maria Bucher-Jaghalski zuständig.
Iffälä
1963 baute Otto Leutenegger die ersten Iffälä. Im Verlaufe der Jahre wurden deren immer mehr. Es wurden von Otto Leutenegger 12, von Adalbert Styger 13 und von Schülern unter Sekundarlehrer Paul Portmann 35 Stück hergestellt. Adalbert Styger baute nicht nur Iffälä, er nahm sich auch der reparaturbedürftigen Stücke an.
Es geht weiter
1985 konnte Eugen Häusler-Wagner als Koordinator geworben werden. Unter seiner Führung kamen zwei neue Rottä dazu. Nach 18 Jahren ging die Führung der Chlauseselrottä von Eugen Häusler-Wagner an Markus Andermatt-Nussbaumer (*30.12.1964) über. 2007 besteht die aus dem Arbeiterverein hervorgegangene Chlauseslä-Gruppe aus fünf Rottä. Vier gehen von Haus zu Haus, jede in ihrem zugeteilten Dorfteil. Die fünfte besucht die Wirtschaften des Dorfes, begleitet von Musikanten. In jeder Rottä ist ein St. Nikolaus mit seinem Schmutzli sowie ein Esel oder ein Pony dabei. Sie werden begleitet von Iffäläträger, Triichlär und Geislächlepfer. Unser Dorf ist besonders in den letzten Jahren enorm gewachsen. Heute leben ca. 8050 Einwohner hier. Und in der Chlauseslä-Gruppe ist man gerade daran, eine weitere Rottä zusammenzustellen. So sind jeweils an die 80 Leute unterwegs. An Material besitzt die Gruppe nebst eigenen Hirthemden 13 Jochs mit je zwei Triichlä sowie 60 Iffälä.
Der Arbeit Lohn
In den letzten Jahren liess die Bürgergemeinde im November in alle Haushalte Flugblätter verteilen, damit auch Neuzuzüger erfahren, was es im November und am 5. Dezember an den Abenden mit dem Geislächlepfä und dem Treiben um die Häuser auf sich hat. So sind gebefreudige Einwohner auch auf diese Möglichkeit des Geben vorbereitet. Sie erfahren auch, wofür die gesammelten Beträge verwendet werden.
In den aller ersten Jahren war der Ertrag bescheiden. Nach 4-5 Stunden des Sammelns kamen um die 180.- bis 250.- Franken zusammen. Der grössere Teil des Ertrags ging bereits zu Beginn an karitative Werke. Der Rest mussten für die Beschaffung von Triichlä, Jochs und weiterem Material verwendet werden. Inzwischen sind die Erträge zur Freude der Begünstigten gewaltig gestiegen. Begünstigte sind Männer und Frauen, die aus Unterägeri stammen oder einen besonderen Bezug zu unserer Gemeinde haben und weltweit in sozialen Organisationen tätig sind. Seit etwa zehn Jahren werden nicht nur katholische, sondern auch evangelisch-reformierte Leute berücksichtigt. Heute sind dies um die acht Empfänger. Je nach den gesammelten Spenden, können an sie pro Jahr insgesamt bis zu 8000.- Franken verteilt werden. Nach dem Chlauseslä treffen sich die Helfer im Pfarreiheim Sonnenhof zu einer einfachen Verpflegung. Heutzutage besteht diese aus einer kräftigen Suppe und Schinkenbroten. Die benötigten Lebensmittel wie Gemüse, Fleischwaren, Milchprodukte sowie Brote und anderes Gebäck werden von den Dorflieferanten teilweise geschenkt oder mit Preisnachlass abgegeben. So gibt z. B. Metzger Villiger seit Jahren den Schinken gratis ab. Das Herrichten der Speisen, des Saales und der Tische sowie das Aufräumen besorgen wiederum freiwillige Helfer und Helferinnen.
Brücke zum Süden, Afrika und Südamerika: 1310 Franken; für vergessene Kinder: 1200 Franken; y'abana, Haus der Kinder: 1000 Franken; Macarius Häusler, Sambia: 1000 Franken; Werner Iten, Sambia: 1000 Franken; und Tiia Juzi, Pakistan: 1000 Franken; Hanna Keller, Wiel: 1000 Franken; Iten, Haiti: 1000 Franken.